Die Idee ist zunächst einmal bestechend: Zehntausende von Redaktionskontakten immer im Zugriff und ständig werden die Kontaktdaten vom Anbieter überprüft sowie gegebenenfalls korrigiert. Damit ist man immer up-to-date, ohne einen Finger krumm machen zu müssen. Soweit zumindest die Marketing-Botschaft der Datenbankanbieter. Doch ist das wirklich ein Vorteil? Aus dem Blickwinkel der PR-Praxis betrachtet, könnte das Gegenteil der Fall sein. 

Nutze ich das Angebot tatsächlich?

Die erste Frage, die sich bei einer PR-Software mit integrierter Redaktionsadressen-Datenbank stellt, ist, wie oft ich diese tatsächlich nutze. In der Regel ist es doch so, dass die einzelnen Themen in immer dieselben Presseverteiler gespielt werden. Das mögen mal weniger sein, etwa in der Presseabteilung eines Unternehmens mit einer klar definierten Positionierung, mal mehr, beispielsweise in einer PR-Agentur, die mehrere unterschiedliche Zielgruppen bedient. Je nach Themenspektrum können diese Verteiler sehr differenziert aufgebaut sein, in anderen Fällen reichen drei oder vier Presselisten. Damit entfällt aber bereits von vornherein die Notwendigkeit, immer Zugriff auf zehntausende Kontakte zu haben.

Rechnet sich der ständige Zugriff auf Redaktionsadressen?

Nun kommt es ja durchaus vor, dass neue Zielgruppen erschlossen werden müssen und dafür auch mal ein neuer Presseverteiler notwendig wird. Hier ist es natürlich sehr bequem, wenn man in der PR-Datenbank schnell selektieren kann und – schwupps – steht ein neuer Verteiler zur Verfügung. Was viele Anwender aber nicht bedenken ist die Tatsache, dass dieser Service auch bezahlt werden muss. Sprich: Er ist in den Preis der Lösung eingerechnet, was die Kosten nach oben treibt. Oder er kann separat dazugebucht werden, was aber ebenfalls regelmäßige Zusatzkosten nach sich zieht. Die Alternative ist es, Adressen nur dann zu kaufen, wenn man sie tatsächlich benötigt. Dem verweigern sich manche Anbieter, indem sie die Adressen lediglich vermieten und so ihre Kunden im wahrsten Sinne des Wortes „binden“.

Steigert die externe Pflege die Datenqualität?

Diese Frage kann man eindeutig mit „Nein“ beantworten. Zwar betont manch ein Interessent, wie toll es doch wäre, wenn man sich um die Aktualisierung der Kontakte nicht mehr kümmern müsste und dies automatisch passiert. Fakt ist jedoch, dass ein PR-Profi in der Regel seine Zielgruppe besser kennt, als jemand, der ausschließlich für die Recherche und Datenpflege eingestellt wurde. Das zeigt sich insbesondere am Beispiel der „info@“-Mailadressen. Diesen begegnet man in den Selektionen großer Adressdatenbanken immer wieder, wie uns deren Anwender bei Produktpräsentationen immer wieder berichten. Im Zweifel erreicht man über eine solche Adresse, die in der Regel einfach im Impressum auf der Website des jeweiligen Mediums zu finden ist, natürlich den Verlag. Aber eben nicht unbedingt den Redakteur oder die Redakteurin, die für das jeweilige Thema zuständig sind. Deren Mailadressen ausfindig zu machen und die Kontakte dann nach Interessenslage auch noch richtig zu klassifizieren, ist natürlich ungleich aufwändiger. Auch dass in vielen Adressdatenbank regelmäßig der Chefredakteur oder die Chefredakteurin verzeichnet sind, aber nicht die komplette Redaktion, mag der Aufwandsminimierung geschuldet sein, ist aber oft nicht zielführend. Wenn dann noch ein Personalwechsel erfolgt und die persönliche Mailadresse mit der „info@“ überschieben wird, ist das Fiasko komplett. Daten besitzen bedeutet deswegen auch, die Kontrolle über sie zu haben. Denn ohne eine automatische Synchronisation besteht keine Gefahr, dass Daten einfach überschrieben oder gar gelöscht werden.

Macht die Datenpflege zu viel Arbeit?

Auch hier lohnt ein Blick in den Arbeitsalltag eines PR-Profis. Die wenigsten werden täglich Presseinformationen versenden. Nehmen wir mal an, es wären zwei bis drei pro Woche, die über im eigenen System gepflegte Verteiler als personalisiertes E-Mail versandt werden. Die meisten Rückläufer sind hier Abwesenheitsnotizen. Lediglich wenn ein Kontakt den Job gewechselt hat, in Mutterschutz, Elternzeit bzw. in den Ruhestand gegangen oder gar verstorben ist, besteht Anpassungsbedarf. Doch die Zahl solcher Rückläufer ist normalerweise sehr überschaubar. Meist genügt ein kurzer Telefonanruf, um den neuen Kontakt zu ermitteln. Mit dem Vorteil, dass dieser Kontakt absolut qualifiziert ist. 

Warum sollte ich mich abhängig machen?

Es gibt viele Möglichkeiten, an Redaktionskontakte zu kommen: Neben den Adressanbietern lohnt es sich auch, im Internet zu stöbern, das Impressum interessanter Medien zu studieren oder auch eine Möglichkeit auf der eigenen Website zu schaffen, wo sich interessierte Journalistinnen und Journalisten in einen Presseverteiler eintragen können. Egal auf welchem Weg ich an diese Daten komme: Anschließend gehören sie mir. Und das ist in mehr als einer Hinsicht wichtig. Zum einen sind Kontaktdaten das Kapital einer jeden PR-Agentur oder Presseabteilung. Arbeite ich mit der PR-Lösung eines Adressanbieters, kann ich sie nur nutzen. Beim Anbieterwechsel sind sie weg.

Und zu guter Letzt: Der Datenschutz!

In Zeiten von DSGVO auch die Nachvollziehbarkeit wichtig: Wer hat was wann mit wem kommuniziert? Mit Kontakten, die von Dritten bearbeitet werden oder gar nicht mehr da sind, weil man den Anbieter gewechselt hat, funktioniert das nicht. Auch sonst ist man in Sachen DSGVO mit eigenen Daten auf der sichereren Seite: Möchte ein Kontakt beispielsweise nicht nur keine Mails mehr, sondern aus der Datenbank gelöscht werden, habe ich ein großes Problem. Denn ich kann den Kontakt gar nicht löschen und noch weniger sicherstellen, dass ich ihn nicht mehr anschreibe. Denn bei der nächsten Selektion ist er ja wieder da. Und wenn ich ganz bequem mit vom Anbieter vorgefertigten Presseverteilern arbeite, ist dieses Thema gar nicht beherrschbar.