Zu wissen, wen man mit welchen Themen ansprechen kann, ist für die Presse- und Medienarbeit essenziell. Denn eine erfolgreiche Kommunikation basiert darauf, dass man „seine“ Redakteure oder auch Blogger und Influencer kennt und weiß, welche Themen sie interessieren – aber vor allem auch, welche nicht. Damit werden diese Kontaktdaten zum zentralen Kapital einer PR-Agentur oder Presseabteilung. Dennoch verzichten viele PR-Profis darauf, diese wertvollen Daten tatsächlich zu „besitzen“. Stattdessen setzen sie auf Datenbank-Anbieter, die lediglich die begrenzte „Nutzung“ der Kontaktdaten erlauben.
Unbegrenzte Möglichkeiten?
Zehntausende qualifizierter Redaktionskontakte jederzeit im Zugriff: das klingt zunächst einmal verlockend. Denn das suggeriert Einfachheit, Flexibilität und Unabhängigkeit. Da übersieht man schnell einmal das Kleingedruckte. Das besagt jedoch, dass all diese Daten nur „genutzt“ werden dürfen. Und dies auch nicht beliebig: Selbst nach einem Export ist nur die einmalige Nutzung zulässig. Von Unabhängigkeit bleibt da schnell wenig übrig. Von Kontrolle ist erst gar nicht die Rede. Denn ob die Kontaktdaten im Hintergrund vom Verleiher gepflegt oder verändert werden, bekommt man in der Regel gar nicht mit.
Eingeschränkte Nutzung von Kontaktdaten
Noch komplizierter wird es bei Bloggern und anderen Influencern: „Beim Versand von E-Mails über die Versandfunktion in (..) oder eigene E-Mail-Systeme des Kunden sind die entsprechenden Einwilligungen der Empfänger für die Zusendung von Pressematerial durch den Kunden vorab selbst einzuholen, beim Datenexport werden die E-Mail-Adressen nicht mit ausgegeben.“, heißt es in den AGB eines bekannten Adressanbieters. Natürlich sind derartige AGB-Bestimmungen der neuen DSGVO geschuldet und damit nachvollziehbar. Was aber ist, wenn die Einwilligung eines Kontakts eingeholt wurde, dieser dann aber aus irgendeinem Grund vom „Verleiher“ aus der Datenbank gelöscht wird? Bedeutet dies dann strenggenommen, dass man trotz Einwilligung des Kontakts nicht mehr mit diesem kommunizieren darf, weil er vorher in der Datenbank enthalten war? Und wie sieht das aus, wenn man mit dem Blogger persönlich Kontakt aufgenommen hat: Wiegt das schwerer als die AGBs?
Klasse geht vor Masse
Man sollte sich grundsätzlich die Frage stellen, ob es überhaupt sinnvoll ist, die Kontrolle über die Kontaktdaten an einen Dritten abzugeben. Zwar fällt die Kommunikation mit Pressevertretern und anderen Multiplikatoren in den Bereich des „berechtigten Interesses“ der DSGVO. Im Ernstfall verbleibt die Pflicht des Nachweises, was man wann im „berechtigten Interesse“ mit einer bestimmten Person kommuniziert hat, beim Datennutzer. Was aber, wenn der Datensatz ohne sein Wissen verändert oder gelöscht wurde? Auch die Masse der zur Verfügung stehenden Daten, die man ständig im Zugriff hat, ist nicht unbedingt von Vorteil. Denn seit Inkrafttreten der DSGVO gilt umso mehr „Klasse vor Masse“: Presseinformationen an Verteiler mit hunderten oder tausenden Adressaten zu versenden, lässt das Risiko des Spam-Verdachts schnell ansteigen. Je spezifischer Presseverteiler dagegen auf ganz bestimmte Inhalte ausgerichtet sind, desto besser lässt sich dokumentieren, dass man im „berechtigten Interesse“ handelt.
Ein Beispiel: Ein Verteiler mit dem Obertitel „IT-Themen“ ist absolut unsinnig. Denn die IT-Fachpresse und die IT-Redaktionen in anderen Medien haben ganz unterschiedliche Spezialgebiete. Die einen interessieren sich für „IT-Security“, andere wiederum für „IT-Systemhäuser und -Distributoren“ und wieder andere für „Rechenzentrumsthemen“ oder „ERP-Software“. Natürlich gibt es das eine oder andere übergreifende Thema. In diesem Fall sollte die PR-Agentur oder Presseabteilung aber in der Lage sein, zwei oder mehr Verteiler zu „mischen“, um auf diese Weise trotzdem die spezifischen Interessenslagen der Zielgruppen zu wahren.
Lieber mit eigenen Kontaktdaten arbeiten
Nicht nur wegen der Dokumentationspflichten macht es also Sinn, grundsätzlich mit eigenen Kontaktdaten zu arbeiten. Denn es ist nützlich, wenn man transparent nachvollziehen kann, was man wann mit wem kommuniziert hat – spätestens, wenn die eigene Abteilung oder Agentur mehr als einen Mitarbeiter umfasst. Zugegeben: Der Aufbau qualifizierter Presseverteiler ist aufwändig. Aber zum einen gibt es durchaus Adressverlage, die Verteiler verkaufen und nicht nur verleihen. Und zum anderen spiegelt sich in einer selbst gepflegten Datenbank auch das tatsächliche Beziehungsgeflecht des eigenen Netzwerks wider. Und man hat „seine“ Daten auch selbst unter Kontrolle. Denn Änderungen werden nicht durch irgendeinen anonymen Mitarbeiter in einem Call-Center vorgenommen, der keinerlei Beziehung zum jeweiligen Redakteur oder Medium hat, sondern nur durch die eigenen Leute.